Wie heißt du und wie alt bist du?
Mein Name ist Anzor, ich bin 26 Jahre alt.
Woher kommst du?
Meine Heimat ist Syrien. Ich komme von den Golanhöhen, aus der kleinen Stadt Quneitra.
Meine Familie hat dort ein Haus, eine kleine Farm mit Apfelbäumen und Olivenbäumen. Die Stadt ist sehr schön. Im Zentrum ist alles, was man braucht. Ich habe sehr gerne dort gelebt.
Ich bin nach der Schule nach Damaskus gegangen, um dort Englisch zu studieren.
Wir sind Tscherkessen. Unsere Familie ist seit Generationen auf der Flucht. Sie musste Russland nach dem Kaukasuskrieg 1864 verlassen und ist nach Syrien auf den Golan gegangen. Als 1967 der Krieg zwischen Israel und Syrien stattgefunden hat, ist unsere Familie zuerst von einer Seite der Golanhöhen auf die andere und danach nach Damaskus geflüchtet. Sie sind dann aber wieder auf den Golan zurück. Jetzt bereitet die Familie gerade eine Übersiedelung nach Damaskus vor, weil die Situation dort ein bisschen besser ist als zu Hause.
Warum bist du nach Österreich gekommen?
Auf dem Golan waren auch österreichische Blauhelme stationiert. Sie kamen oft in unsere Stadt, um dort einzukaufen. Als ich ein Kind war, hatte ich zwei Freunde unter den Blauhelmen, das waren Österreicher und sie haben mir oft Bilder von Österreich gezeigt, die waren sehr schön – die Alpen, grüne Landschaften. Als ich dann weggehen musste, hatte ich wieder diese Bilder im Kopf und wollte nach Österreich. Mein bester Freund war außerdem auch schon drei Jahre hier.
Es würde mich sehr freuen, wenn ich die beiden Soldaten irgendwie wieder finden könnte!
Weggegangen bin ich wegen des Krieges. Ich wollte nicht kämpfen. Mit 18 Jahren muss man zur Armee. Du hast aber noch weitere vier Jahre Zeit, wenn du darum ansuchst und Student bist. Aber nach diesen vier Jahren musst du in die Armee – außer du zahlst sehr viel Geld oder du bis krank. Da habe ich mich dazu entschieden, meine Heimat zu verlassen.
Wo lebt deine Familie?
Meine Mutter und meine Schwester sind noch zu Hause. Unser Vater ist schon lange gestorben. Mein jüngerer Bruder Zewar lebt hier mit mir in Wien.
Was hast du in deiner Heimat gemacht?
Eigentlich wollte ich Agrarwissenschaften studieren. Aber die Aufnahmerichtlinien waren sehr streng. Da ich Sprachen auch sehr liebe, habe ich dann drei Jahre lang Englisch studiert. In den Ferien und in der Freizeit habe ich handwerklich gearbeitet: beim Hausbau mitgeholfen, gegärtnert, ausgemalt.
Welche Sprachen sprichst du?
Meine Muttersprache ist Tscherkessisch. Ich spreche natürlich Arabisch, sehr gut Russisch und Englisch und ein bisschen Türkisch.
Welche Hobbies hast du?
Ich mag Fahrradfahren, Schwimmen und spiele auch ein wenig Fußball.
Welche Pläne hast du für deine Zukunft in Österreich?
Als Allererstes Deutsch lernen! Dann möchte ich arbeiten, vielleicht im Gartenbereich. Ich möchte einfach in einem Beruf gut werden, um arbeiten zu können und eine Familie zu gründen. Und wenn ich irgendwie kann, möchte ich meine Familie von zu Hause nachholen.
Was wünschst du dir von den Österreichern?
Ich wünsche mir von den österreichischen Menschen, dass sie mich so behandeln, wie sie österreichische Menschen auch behandeln. Dass sie mir eine Chance geben, in mir als erstes einfach einen Menschen sehen, nicht einen Mann aus Syrien.
Möchtest du sonst noch etwas sagen?
Ich möchte einfach nur sagen: Bitte gebt einem jungen Mann die Chance auf ein Leben hier in Österreich!
scholarship4you:
Wir konnten für Anzor einen A1-Kurs buchen und so konnte er im November endlich anfangen, die Sprache seines neuen Landes zu erlernen. Danke allen Spendern!